Ein Geläut muss sein

Der Architekt Fritz Gottlob hatte das Gemeindehaus in Nordend mit einem Dachreiter und einem darauf stehenden Kreuz entworfen. Im Dachreiter läutete eine 240 kg schwere Bronzeglocke mit der Inschrift „Franz Schilling in Apolda goss mich 1909“. 

Über viele Jahre läutete sie für die Gläubigen. Im 2. Weltkrieg wurden der Dachstuhl und die Glocke beschädigt. Die Glocke konnte geborgen und in Apolda repariert werden und kam 1951 nach Berlin zurück. Da das Dach immer wieder Probleme bereitete, entschied sich der Gemeindekirchenrat den Dachreiter aufzugeben und ein neues Gehäuse für das Geläut im Freien zu schaffen. 

Fritz Barleben, Pfarrer in Niederschönhausen und seit 1947 für die Gemeinde in Nordend tätig, setzte sich für den Bau eines neuen Glockenturmes ein. Eine kleine Glocke ohne Inschrift war erworben worden, und Pfarrer Barleben und seine Frau hatten eine große Glocke in Auftrag gegeben, die folgende Inschrift trägt: 

“Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf den Herrn. Berlin Nordend H.E.F.B. – E.H.M.P.“ 

Der Architekt Paul Schulz zeichnete 1953 zwei Entwürfe für einen massiven Turm und die Hängung der drei Glocken. Am 20. Januar 1954 wurde der Antrag zur Errichtung eines freistehenden Glockenturmes gestellt. Ratsbaumeister Herrmann Bautz aus Niederschönhausen war mit der Bauleitung beauftragt worden. Laut Vorgaben auf dem Bauschein durften kein „…Betonkies, Mauerziegel, Portland- und hochwertige Zemente und Holz…“ verwendet werden. 

So entstand ein recht eigenwilliges Bauwerk im Kirchengelände: ein frei stehender, sich nach oben verjüngender Glockenturm aus gemauerten Feldsteinen mit kleiner Verdachung. Bekrönt wurde der Turm mit dem Kreuz, dass ursprünglich den Dachreiter auf dem Gemeindehaus schmückte. Drei Glocken hängen übereinander, oben die Kleinste, in der Mitte die Ursprüngliche von 1909 und unten die Größte von Pfarrer Barleben gestiftete von 1953. Sie wurden und werden von Hand geläutet und rufen seit der Konfirmation am Palmsonntag 1956 zu den Gottesdiensten. 

Dieser Glockenturm, 1986 saniert und repariert, ist zum besonderen Erkennungszeichen für die Evangelische Kirchengemeinde in Berlin-Nordend geworden. Er ist seit dem 22. Januar 1997 auf dem Amtssiegel der Gemeinde dargestellt.